& The True Spirit
Es regnete und war viel zu kalt für die Jahreszeit. So verirrten sich nur rund 50 Verwegene an die Zentralsrasse, um der rauchigen Stimme des australischen Weltenbummlers zu lauschen. Race’s Musik passt in keine vorgezimmerte Schublade, wer jedoch Tom Waits "Bone Machine", Captain Beefhearts "Trout Mask Replica" oder auch "White Light/White Heat" von Velvet Underground liebt, wird auch seinen inzwischen neun Soloplatten einiges abgewinnen können. Einfach gemacht hat er es seien Fans noch nie, weder in den 80ern mit den australischen Kultcombos Marionnettes und The Wreckery noch in Nick Cave's The Bad Seeds und schon gar nicht in den 90ern mit seinen eigenen Werken zwischen intimem Blues und eruptivem Independent-Rock.
Das Potenzial des Melbourner Kettenrauchers zeigte sich denn auch erst in Midtempo- Songs wie "Valley Of Light" oder einer schaurigen elektro-akustischen Coverersion von "River Of No Return", in denen zur Freude von Ohren und Seele die Songs und nicht die Sounds im Vordergrund standen. Und wenn einmal der Mix stimmte, Race über den täglichen Kampf gegen das Schlechtdraufsein sang, der großartige Chris Hughes um sein Leben trommelte und Nico Mansy sowie Marta Collica mit Samples und Keyboards trippige Überraschungen einstreuten, erlebten die Zuschauer Glücksgefühle in all dem Unglück. Dann zeigte sich auch des Künstlers wahrer Geist: Stil, Charisma und Arroganz eines Grossen, jedoch ohne kitschige Melodik, die seinen grossen Bruder Nick Cave in Starsphären und in bestuhlte Philharmoniesäle katapultiert hat. Nach 100 Minuten war das Konzert vorüber. Alle sind geblieben, um sich diesen genialen Soundtrack eines Alptraums komplett anzuhören. – Draussen regnet es noch immer. Oder schneit’s gerade?