Hermanos Patchekos (DE)
Klauen wir direkt und fadengrad ein Häppchen von «Dr. Schrecks kleiner Welt der hörbaren Frequenzen» zum immer noch aktuellen Album «Hold Fast» von G. Rag Y Los Hermanos Patchekos: «Eine Platte wie der Soundtrack zu dem Leben, das man gerne leben würde, aber leider heisst man weder Humphrey Bogart, noch führt Jim Jarmusch Regie.» Aber eigentlich wisst ihr das alles ja längst selbst. Und wer dies liest, der ist nicht dumm, aber hat wahrscheinlich die siebenhundert grossartigen ellokalen Gala-Abende von «Munich's finest Caribbean-Trash Orchestra, eleven years and still going strong. Viva patcheko!» noch nie erlebt. Was wir als hundstraurig einstufen. Schäm di! Aber vielleicht könnt ihr ja nichts dafür, musstet Chindli wickeln, hüten oder erziehen oder eure pfundigen Hüften verschlanken. Oder einfach nur 8tofive-Scheissmieten-gopfertamihuerefrüh raus aus dem Happybett. Was auch immer,tut, was ihr tuten müsst: Wir Insulaner freuen uns immer wieder von neuem und herzhaftig auf G. Rag und seine Hermänner mit ihren anrüchigen Wunderbarklängen aus dem Country-Trash-Fantasy-Megafon-Balsamic’n’Roll-Klapperland. Grosskantonige Gummihälse (aus Bayern!), die uns güllenstinkenden Kuhschweizern so liebenswert einzuheizen vermögen, müssen wahre Helden sein. Wie weiland unser speerblochende Winkelried so schön und selbstlos sich opfernd für die unsterblichen Melodien dieser Tausendundzweisassa-Weltmusik-Combo.
Man kann «Hold Fast» getrost als Best-Of-Album bezeichnen, nur mit neuen Stücken, heisst es im Weltweitseemannsgarn. Und: «Hold Fast» sei übrigens programmatisch ernst zu verstehen, kein Witz: Die Band hat an ihrer Vorstellung festgehalten (tscheggsches Mann?!): Künstlerisch eigenwillig, geschäftlich unabhängig und wirtschaftlich unsinnig. Mit Erfolg. Prompt werden die Soundtracklieferanten G. Rag Y Los Hermanos Patchekos und der bayerische Kultregisseur Franz X. Bogner (unvergessen: «Irgendwie und Sowieso») für die Preise heimsende Serie «München 7» für den Grimme-Preis nominiert. Und auch Oberbürgermeister Ude schätzt den Patcheko-Style, wenn er wieder mal kabarettisiert. Was muss das für eine Band sein, die sich über Generations- und Geschmacksgrenzen hinweg in die Herzen der Menschen spielt? Seit dem Jahrtausendwechsel scharen sich ungefähr ein Dutzend Musiker um Andreas G.Rag Staebler. Der spielt wie alle anderen live im Sitzen und singt ins Megaphon. Der Schlagzeuger schlägt Schrott, unterstützt von Percussion und Kontrabass. Dazu schleichen sich Exoten wie Steeldrum, Banjo und Lapsteel. Nicht zu vergessen ein versierter Bläsersatz mit wahlweise Trompeten, Hörnern oder Melodicas.
Das Repertoire gleicht einem musikalischen Wolpertinger: Ein Spagat von Hank Williams bis No Means No. Oh, no, Bruno! Augenzwinkernd und undogmatisch beschwören G.Rag und seine Hermannen Outlaws, Traditionals und Punk-Spirit wieder herauf. Nahtlos fügen sich eigene Instrumentals und Songs ein, intoniert in einem transnationalen Idiom. Auf den Platten klingt die Band so charmant untermotorisiert wie der alte Omnibus auf einem der früheren Cover. Live mit unwiderstehlicher Präsenz: Der herzzerreissenden Soli wegen schimpft sich die erste Trompete nur noch «Die Sau». Wer sagt, ihre Projekte würden poppiger, wird ausgelacht. «Freunde selbstgemachter Unterhaltung» lautet das Motto ihres kleinen Labels Gutfeeling Records: Sie wissen, was sie tun, vor allem aber tun sie es gern. Das merkt man. Und wir schon länger. Für immer und ewig. We feel gut!