Unsere Elektrobrieftauben fliegen immer wieder ins worldweite Nezz unseren Newsletter abladen. Mindestens wöchentlich ...
Feins z'Mittag im el Lokal von Montag bis Freitag
Am liebsten gelesen, gehört und angeschaut ...
Samstag, 04.02.2023, 20Uhr20
Lokalbühne
Intimspray (AT)
Heribert «Corny» Kornfeil, Bill Pugh, Heinz D. Heisl & Daniel Homolka sind Intimspray, weil der Name Spray schon besetzt war. Damals. Guguselet man das heute, kommt nicht die doch recht erfolgreiche Band, sondern irgendwelches Zeugs, das man sich in die Genitalregion sprayt. Hm. Wer tut eigetli sowas?
Die 1979 gegründete Band jedenfalls rockt damals die angesagten Clubs von München, Hamburg, Berlin & Wien. Die deutschen & englischen Texte sind brisant politisch bis satirisch. In der Süddeutschen Zeitung liest man: «Es ist Tanzmusik, Pogo, Ska, Reggae, Elemente, die Bands der Neuen Welle immer wieder aufleben lassen.» – «Eine der heissesten Bands zurzeit», jubeln Bravo &New Musical Express. Sie treffen auf Bands wie DAF, Soft Cell, Stray Cats, Heaven 17 oder Trio. Dann plötzlich verschwinden sie von Bildfläche & Bühne, aber – wie sich herausstellen sollte – nicht aus den Gedanken ihrer Fans. 2021 taucht Intimspray mit «Religion» wieder aus der Versenkung auf, wie einst Jesus. Oder Lazarus. Oder der Aschenphoenix. Das Album zur Single heisst «Intimspray Live – the CAFÉ CARINA soUND». Die Energie der Songs springt auch jetzt wieder unmittelbar aufs Publikum über. Riffs, die im Ohr bleiben, deren Sog man nicht entkommt. Sprachkünstlerische Texte. Ein routinemässiger Mitschnitt zweier Konzerte im Juli 2021 im Café Carina in Wien entpuppt sich als geradezu prädestiniert, das Live-Feeling der Band auf Vinyl zu bannen. «Religion» fertigt der legendäre George Horn (Creedence Clearwater Revival, Herbie Hancock, Dicks, Sly and the Family Stone, Bob Dylan usw.) als eine seiner letzten Arbeiten in den Fantasy Studios Berkeley; er verstirbt leider am 26. August 2021. Neue Homebase der Band ist Wien, wo Intimspray in den 80ern mehrmals im U4 gastiert. Zunehmend findet sich junges Publikum an ihren Konzerten ein. Manche Songs werden mit Wortmasken gespielt, deren erste aus einem Strafzettel beim Ausladen des Equipments entsteht. Die Lyrics stammen aus der Feder von Leadsänger Heinz D. Heisl; dessen literarische Qualität er an der Arbeit von inzwischen 14 veröffentlichten Büchern wieder & wieder verfeinert hat. Intensiv komprimierte Zeilen (Refrains zum Mitsingen), als auch zahlreiche Doppeldeutigkeiten heben die hintersinnig politische Kraft der Texte hervor. «Re-li-gion / Was macht ihr dort / hinter dem Mond / wo die Zukunft nur in der Vergangenheit wohnt...» Oder: «Das ist alles» – ein Reggae im Clash-Style mit tollem Hit-Potential. Mehr muss dazu gar nicht mehr gesagt werden.